Endometriose ist politisch - Verena Fisch von der Endometriose Vereinigung e.V.

Podcast

Endometriose ist eine Krankheit, die in unserer Gesellschaft zum Glück (!) immer mehr Aufmerksamkeit bekommt. Ganze 10-15% der menstruierenden Personen sind davon betroffen. Allerdings bekommen viele der Betroffen über mehrere Jahre keine Diagnose. Wie kann den Betroffenen früher geholfen werden? Dieser Frage hat sich Verena Fisch angenommen. 

Lesedauer: 19 Minuten
Verena Fisch in der Mitte auf pinken Hintergrund, daneben Titel und Zahl 7

Verena ist bei der Endometriose Vereinigung Deutschland e.V. aktiv.

Im Interview mit Host Bianca erzählt Verena, um was es sich bei dieser Krankheit ganz konkret handelt und wie die Endometriose Vereinigung Betroffene unterstützen möchte.

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Endometriose Vereinigung Deutschland e.V. im Web:

https://www.endometriose-vereinigung.de/

Oder folge der Organisation auf Instagram:

https://www.instagram.com/endometriose_vereinigung/

 

Transkript

Bianca Dietz: Hi und herzlich willkommen. Zu jung und aktiv. Hier spreche ich Bianca Dietz wöchentlich mit spannenden Menschen, die sich für etwas einsetzen und die Welt ein Stückchen verändern und verbessern wollen. Endometriose, schon mal gehört? Wahrscheinlich schon, denn die Krankheit erfährt nämlich glücklicherweise seit einigen Jahren immer mehr Aufmerksamkeit. Trotzdem ist noch viel Luft nach oben. Immerhin sind 10 bis 15 % der menstruierenden Personen davon betroffen. Aber eine Diagnose dauert durchschnittlich unglaubliche siebeneinhalb Jahre. Wie kann das sein? Und wie müssen wir ansetzen, damit den Betroffenen früher geholfen wird? Für diese Episode habe ich heute Verena Fisch zu Gast. Verena ist ehrenamtlich bei der Endometriose Vereinigung Deutschland aktiv und hier insbesondere im Bereich politische Einflussnahme tätig. Hi Verena, schön, dass du da bist. Magst du dich und die EVD vielleicht kurz vorstellen. Und für alle, die es vielleicht noch nicht wissen, ganz kurz beschreiben, worum es sich bei Endometriose handelt. 

Verena Fisch: Ja, sehr gerne. Also mein Name ist Verena Fisch, wie du gerade schon erzählt hast. Ich arbeite ehrenamtlich für die Endometriose Vereinigung seit ungefähr vier Jahren mittlerweile. Ich bin da vor allem für das Team politisch aktiv zuständig. Also das ist unser unsere Arbeitsgruppe, die, wie du gerade schon gesagt hast, dich vor allem mit dem Thema politische Einflussnahme befasst. Die Endometriose Vereinigung ist eine Selbsthilfeorganisation von Betroffenen für Betroffene. Tatsächlich, Wir sind ein Verein, der sich 1996 gegründet hat und wir haben aber mittlerweile schon über 3000 Mitglieder. Also das sind vor allem in den letzten Jahren sehr stark gewachsen. Und wir haben. Wir haben unsere Geschäftsstelle in Leipzig, sind aber tatsächlich bundesweit aktiv. Also wir agieren in allen Bundesländern und haben vor allem vier Kernaufgaben, mit denen wir uns befassen. Das eine ist die Unterstützung von Endometriose Betroffenen, also wirklich die Beratung für Betroffene. Also da geht es um psychische Beratung, psychosoziale Beratung, aber auch ganz praktische Sachen wie: Ich glaube, ich habe ein Endometriose, wo wie kann ich mich denn diagnostizieren lassen beispielsweise oder wie gehe ich mit dem Thema Kinderwunsch um? Oder was kann ich denn an Therapien noch irgendwie ausprobieren usw. Also ganz praktische Sachen. Wir haben sehr viel Infomaterial auf unserer Website und da ist auch noch mal ganz genau erklärt, was Endometriose ist. Ich kann jetzt hier noch mal kurz anreißen. Viele haben es wahrscheinlich schon gehört. Endometriose ist jetzt nicht mehr so, also es ist immer noch nicht so bekannt, wie wir es gerne hätten, aber nicht mehr so unbekannt, wie es schon mal war. Sagen wir es mal so. Endometriose ist eine chronische Erkrankung, eine bis zum jetzigen Zeitpunkt unheilbare Erkrankung bei der gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst. Und dieses Gewebe führt zu Zysten, führt zu Entzündungen. Das sind sogenannte Endometriose-Herde. Und diese Herde siedeln sich sozusagen an Organen, vor allem im Bauchraum, an aber können eigentlich im ganzen Körper auftreten. Es gibt Menschen mit Endometriose in der Lunge und in den Armen und im Gehirn und in den Augen. Aber die häufigsten Fälle sind Endometriose Herde rund um die Gebärmutter, Eierstöcke, Darm, Blase usw. Diese Herde da ist das Problem, das Sie mit dem sich mit dem hormonellen Zyklus verändern. Die können wachsen, die kann bluten, also führen zu inneren Blutungen und die werden also medizinisch als gutartig kategorisiert, weil sie sozusagen nicht jetzt wie Krebs zum Tod führen können. Also Endometriose ist in dem Sinne eine gutartige Erkrankung. Was man allerdings sieht, ist, dass diese Endometriose Herde einfach wahnsinnige Schmerzen verursachen, also Menstruationsbeschwerden, aber auch zyklusunabhängige Schmerzen, Schmerzen beim Sex, Schmerzen beim Stuhlgang, beim Urinieren, bei gynäkologischen Untersuchungen usw. gleichzeitig Verdauungsprobleme, also Erbrechen, Übelkeit, Durchfall, Blähbauch, Verstopfungen alles ist dabei und häufig auch. Also Sachen wie unerfüllte, unerfüllte Kinderwunsch, ungewollte Kinderlosigkeit, aber auch Müdigkeit und Erschöpfung, vor allem durch eine chronische Schmerzkrankheit. Man kann sich das gut vorstellen. Wenn man sehr häufig sehr starke Schmerzen hat, hat das auch psychosoziale Auswirkungen. Also es ist eine allumfassende Erkrankung. Sagen wir es mal so, also es ist viel mehr als einfach nur, wie es häufig beschrieben wird, starke Menstruationsbeschwerden, sondern es geht weit über diesen gynäkologischen Teil sozusagen hinaus.

Bianca Dietz: Wow, Danke. Also das ist natürlich viel. Und du hast es ja jetzt so ein bisschen angerissen, dass ihr schon 3000 Mitglieder habt und dass Endometriose bekannter geworden ist, noch nicht so bekannt, wie wir das alle möchten, Aber wahrscheinlich geht schon ein großer Teil darauf zurück. Ich stelle mir das mit so vielen Mitgliedern, so vielen Ehrenamtlichen wie einen unglaublichen organisatorischen Aufwand vor, aber gleichzeitig auch als riesige Stärke. Kannst du da ein bisschen sagen, wie ihr euch organisiert? 

Verena Fisch: Also wir haben wie gesagt, diese vier Kernaufgaben. Eines ist die Information und Unterstützung von Betroffenen selber. Es geht aber dann noch weiter. Also ein anderer Teil ist die Unterstützung und die Betreuung von Selbsthilfegruppen. Also wir sind sozusagen ein Verein. Aber wie gesagt, wir arbeiten bundesweit und da sind diese lokalen Selbsthilfegruppen, in denen sich Betroffene sozusagen austauschen können, unterstützen können, wirklich vor Ort sich regelmäßig treffen, sich selbst ein bisschen beraten, aber auch beispielsweise politisch aktiv werden. Die sind da super wichtig und wir haben momentan 84 dieser Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland. Das ist der eine Teil. Der andere Teil ist wirklich das aus der Geschäftsstelle heraus wahnsinnig viel passiert. Also wie gesagt, Informationsmaterial. Es gibt aber auch Aufklärung für die breite Öffentlichkeit und da gibt es verschiedenste Punkte. Also ganz wichtig ist momentan unser Projekt Jung und Ende beispielsweise, in dem wir uns an Jugendliche richten, die eventuell Symptome haben oder die vielleicht auch schon diagnostiziert wurden. Wir haben Social Media als wahnsinnig wichtigen Kanal, wo wir einfach auch wirklich Aufklärung betreiben, vor allem auf Facebook und auf Instagram. Wir haben dann auch den Bereich, wie gesagt, der Beratungsstelle, wo unsere Mitglieder, aber auch Leute, die nicht Mitglied in unserem Verein sind, sich kostenlos beraten können. Es gibt Onlineberatung und Telefonberatung zu verschiedensten Themen, das habe ich schon erzählt. Und vierte große Bereich, der dann noch hinzukommt, ist sozusagen die politische Interessensvertretung und die gezielte Einflussnahme auf gesundheits- und sozialpolitische Entwicklungen, Entscheidungen in Deutschland und darüber hinaus. 

Bianca Dietz: Perfekt. Und genau auf deinen letzten Punkt würde ich jetzt gerne zu sprechen kommen. Auf diesen politischen Aspekt nämlich, weil eine Kernaussage eures Vereins ist ja, dass Endometriose politisch ist. Also was meint ihr damit? Wie kann eine Krankheit politisch sein? 

Verena Fisch: Also die Krankheit selber vielleicht nicht, aber der gesellschaftliche Umgang damit ist auf jeden Fall politisch. Also wir haben wie gesagt, Endometriose als was schwerwiegender als komplexe Erkrankung und gleichzeitig ist es damit keine seltene Erkrankung. Wir haben Schätzwerte, leider nur, aber das ist ungefähr 1/10 Frauen im gebärfähigen Alter, also zwischen ungefähr 15 und 50 mehr oder weniger. Das heißt eine Endometriose. Die Präsenz von Endometriose ist in dieser Bevölkerungsgruppe ähnlich von Demenz, doppelt so häufig wie Typ zwei Diabetes. Also es ist keine seltene Erkrankung und trotzdem haben die meisten Leute schon von Demenz und Diabetes gehört, aber nicht von Endometriose. Das Zweite ist der Punkt, dass die Datenlage bei einem Expose einfach viel zu unzureichend ist. Es gibt so viele Dinge, die wir einfach nicht wissen. Wir wissen nicht, wo Endometriose herkommt. Wir wissen nicht genau, was die Krankheit verursacht. Deshalb ist Endometriose bis heute nicht heilbar. Alle Therapien, die wir haben, ob das jetzt eine OP ist, ob das Hormone sind, ob das Schmerzmittel sind oder alternativ medizinische Sachen, ob das eine Ernährungsumstellung ist, alles bekämpft Symptome, aber nicht die Ursache. Und gleichzeitig ist eine Endometriose wichtig, weil es sozusagen viele tiefsitzende strukturelle Probleme adressiert oder offenlegt. Also Endometriose als gynäkologische Erkrankung, als Frauen Erkrankung, wie es häufig beschrieben wird, weist sozusagen auf diese ganzen Themen rund um das eigentliche Thema hin, also Stigmatisierung von Menstruation beispielsweise, dass es immer noch ein Tabuthema ist, offen über Menstruationsschmerzen zu reden, dass Menstruationsschmerzen auch immer noch normalisiert werden. Also das ist halt so, das gehört ja zum Frausein dazu und es ist ja alles normal und dann, weißt du, dann nimmst du halt eine Ibuprofen und dann passt das schon wieder. Aber nein, das passt nicht wieder. Also so einfach ist es einfach nicht. Und Endometriose ist wie gesagt sehr viel mehr als einfach nur Menstruationsschmerzen. Und diese Normalisierung von Schmerzen ist ein wahnsinniges Problem. Immer noch auch im 21. Jahrhundert und auch in Deutschland. Und deshalb ist Endometriose politisch, also weil es einfach an dieser Schnittstelle liegt von. Wie gehen wir mit solchen Erkrankungen politisch und gesellschaftlich um? Und wir arbeiten zum Thema Endometriose. Man könnte aber auch zu anderen Themen, zu anderen Krankheiten in dem Sinne arbeiten, wie wir tun, für diese eine Erkrankung und da politisch einfach aktiv werden, die Krankheit bekannter machen und dann eben versuchen, durch gezieltes politisches Networking, durch langfristige Planung, durch sehr, viel Hintergrundrecherche. Wie gesagt, bekannter zu machen, aber auch politisch zu bewirken, dass die Versorgungslage für Betroffene einfach verbessert wird.

Bianca Dietz: Bei den Tabus habe ich gerade gleich gedacht an Tampons so heimlich übergeben. Das ist leider ja immer noch so! Kennen wir auch. Aber finde ich sehr stark, dass ihr das macht und die Menstruation auch enttabuisieren wollt. Oder sollten wir alle tun! Noch ein bisschen zu dieser politischen Arbeit, die du jetzt schon angesprochen hast. Und diese Einflussnahme. Ihr bezeichnet euch ja selbst als Lobbyist*innen. Ich finde es irgendwie lustig in dem Bereich, aber auf jeden Fall richtig und wichtig. Wie genau versucht ihr denn die Strukturen zu verändern? Ich habe irgendwie was von Handlungsbedarfen gelesen. Dass ihr mit Politiker*innen sprecht. Aber wie kommt ihr ins Gespräch? Wie funktioniert das mit euren Netzwerken? 

Verena Fisch: Genau. Also wir haben sozusagen mehr oder weniger vier Schritte, die denen wir folgen. Sagen wir es mal so, Also, wir identifizieren Probleme aus der Community heraus. Also, wir versuchen wirklich rauszufinden für Menschen mit Endometriose, was sind die Herausforderungen in Ihrem Alltag? Und es kann sein, in der Schule, in der Ausbildung, das kann sein am Arbeitsplatz, das können soziale Herausforderungen sein, die Betroffene sozusagen im Alltag erfahren. Das können finanzielle Geschichten sein, das kann alles Mögliche sein. Und unsere erste Aufgabe, sozusagen unser erster Schritt ist es eben zu sammeln. Was sind die Probleme, was sind die Herausforderungen? Wir tun das zum einen sehr viel über Öffentlichkeitsarbeit. Wir sind mit der Community in Kontakt über Social Media, wir lesen Kommentare, wir folgen sozusagen der Community und sehen so was geht. Ja, was wurde besprechen Leute was, was wird diskutiert? Wir machen aber auch sehr gezielt explorative Umfragen. Also Onlineumfragen, Fragebögen, die wir erstellen zu verschiedensten Themen. Im letzten Jahr gab es zum Beispiel zwei zum Thema Endometriose am Arbeitsplatz. Es gab aber auch ein zum Thema Medizinstudium beispielsweise. Also wie wird Endometriose im Medizinstudium behandelt? Es gab 2021, die erste Umfrage war ganz allgemein. Erklärt uns mal, was sind eure Erfahrungen? Und da ist das Problem einfach, dass wir vieles nicht wissen. Und ich habe das gerade schon erwähnt Endometriose ist eine sehr unterforschte Erkrankung. Das heißt, das erste Problem, das wir normalerweise sehen, ist, dass wir unsere politischen Forderungen oder Positionen ja irgendwie begründen müssen, dafür aber wissenschaftlich wenig Daten haben. Das heißt, diese explorativen Umfragen sind sozusagen ein Weg, unsere politischen, also diese Handlungsbedarf, die du angesprochen hast, zu unterfüttern, zu untermauern und zu sagen, Wir wissen aus der Community, dass das ein Problem ist, und zwar nicht nur durch anekdotische Erzählungen, sondern durch umfassende Umfragen, die die kleinste Umfrage, die wir je gemacht haben, sind. Ich glaube um die 1500, die zum Thema eine Methode am Arbeitsplatz hatte, über 2600 Teilnehmende. Also wir sehen da einfach eine riesige Resonanz auch in der Community. Sich mitzuteilen und zu erklären, was denn das Problem ist. Nachdem wir dann sozusagen das Problem und die Herausforderung identifiziert haben, geht es für uns noch mal in die Hintergrundrecherche. Also wir nehmen das nicht immer so einfach für Bares sozusagen, sondern wir gehen den Austausch mit der Ärzteschaft, mit Endometriose Expert*innen. Wir gucken was sagt die Wissenschaft dazu, wenn sie dann irgendwas sagt? Wir führen Gespräche mit politischen Akteuren, mit Politiker*innen, mit Parteien. Und da ist es wirklich so, dass wir teilweise die Leute anschreiben und sagen: Hey, das Thema Endometriose, wie steht denn Ihre Partei dazu? Haben Sie denn Interesse, da ein Gespräch zu führen und sich da einfach mal mit uns darüber zu unterhalten, was mit den politisch auf Ihrer Ebene, in Ihrem jedem Politikfeld in ihrer Partei machen könnte. Da geht es weiter, sozusagen mit der Aufbereitung der Informationen. Also wir verfassen Positionspapiere, die den politischen Handlungsbedarf, aber auch Lösungsvorschläge tatsächlich, einmal kurz zusammenfassen, auf relativ wenigen Seiten. Wir haben solche Positionspapiere für verschiedenste Politikebenen. Also wir gehen wirklich von der Kommunalpolitik über die Landespolitik, über die Bundespolitik bis zur Europapolitik, weil man tatsächlich auf allen Ebenen Endometriose Politik machen kann. Also ob es jetzt zum Thema Aufklärung ist, ob es in den Ländern die Schulpolitik ist, Endometriose in den Lehrplan integrieren, ob das jetzt Verpackungsrichtlinien sind auf EU Ebene, ob es um die Vergütung von Endometriose Sprechstunden geht beispielsweise. Also alles mögliche ist da mit drin. Und es betrifft wie gesagt alle Politikebenen. Ein anderes Format, das wir häufiger machen, sind auch einfach Fact Sheets und Broschüren Social Media Posts, wo wir sozusagen die Informationen, die wir gesammelt haben, nach außen kommunizieren. Wir halten aber auch Workshops, Seminare, Vorträge, alles Mögliche, wo wir das sozusagen nach außen tragen. Und das ist auch tatsächlich der vierte Schritt, also diese Öffentlichkeitsarbeit, zum einen, aber dann auch wiederum alles, was wir in diesem Prozess gelernt haben, zurück zu tragen, in die Politik zurück zu tragen, in diese Hintergrundgespräche mit Politikerinnen und da auch wirklich zu zeigen, dass das haben wir rausgefunden. Wir haben da recherchiert, wir haben da nachgefragt, bei Expertinnen, bei der Community und das ist das Problem. Aber gleichzeitig könnte man eben auch so dem Problem politisch begegnen. Also wir versuchen sehr konstruktiv zu sein in dem, was wir machen. Genau. Also das ist so, das ist so unser Prozess. Und natürlich ist es nicht immer so ganz klar, wo sind wir gerade und es überschneidet sich. Wir arbeiten an vielen verschiedenen Themen gleichzeitig, aber generell läuft es so.

Bianca Dietz: Jetzt bin ich ehrlich gesagt nicht ganz up to date, aber ich weiß, dass im Deutschen Bundestag schon darüber gesprochen wurde. Schon mehrfach über eine Verbesserung der Forschung und eine Verbesserung der Aufklärung zum Thema Endometriose. Dass da auch unterschiedliche Parteien schon was gemacht haben, sich dazu geäußert haben. Ist das immer noch aktuell oder ist das jetzt wieder in den Hintergrund geraten? Wie zufrieden seid ihr denn gerade. 

Verena Fisch: Generell über die letzten paar Jahre gesehen? Hat sich politisch zu Endometriose einiges getan? Also vor vier Jahren war das quasi überhaupt nicht auf der Agenda der Politik. Jetzt ist es ein Thema. Und wie du gesagt hast, es gab letztes Jahr dazu zwei Anträge im Bundestag, einen von der Linken, einen von der CDU/CSU Fraktion. Die wurden beide abgelehnt, weil beides Oppositionsanträge waren. Trotzdem war das das erste Mal, dass das Thema Endometriose tatsächlich im Bundestag war. Wir sehen bundesweit, dass es besser wird. Sagen wir es mal so: Also es gibt in verschiedenen Landtagen Diskussionen dazu. Es werden Anträge eingebracht und diskutiert, es werden Sachen beschlossen, auch tatsächlich über die Parteipolitik hinweg. Also Regierungs und Oppositionsfraktionen stimmen dem Thema generell zu. Endometriose hat es geschafft, sich in manche Partei Wahlprogramme einzuschleichen. Also es wird tatsächlich. Es wird besser. Es ist aber halt natürlich ein langsamer Prozess. Und was für uns tatsächlich jetzt entscheidender ist, ist nächstes Jahr die Bundestagswahl. Also wir versuchen wirklich jetzt auch im Vorfeld Endometriose als Thema in Wahlprogrammen zu setzen, als Thema im Wahlkampf zu setzen, damit die Chancen einfach auch größer werden, dass Endometriose beispielsweise in einem möglichen Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl 2025 erscheint. So, das ist unsere nächste große Haltestelle, unsere nächste große Aufgabe. Tatsächlich in dem Hinblick. Von daher, wir sind zufrieden, weil es sich bewegt, weil sich was tut. Aber es könnte natürlich um einiges mehr sein. 

Bianca Dietz: Wo sich ja schon was getan hat, ist in Frankreich. Also die sind, soweit ich weiß Vorreiter, weil die eine nationale Strategie dazu haben. Sehe ich das nur so oder ist es ein Vorbild für euch, auch für eure Lobbyarbeit? Oder klingt das schöner als es tatsächlich ist? 

Verena Fisch: Generell ist es auch unser Ziel eine nationale Endometriose Strategie für Deutschland, also dass sowas sozusagen kommt, dass sowas eingeführt wird, weil es einfach ein sehr gutes Politikinstrument ist. Um diese verschiedenen Politikebenen, aber auch die verschiedenen Felder der Politik, also Endometriose ist ja nicht nur Gesundheitspolitik, sondern auch Forschungspolitik, Schulpolitik, Familienpolitik usw, um das alles unter einen Hut zu bringen und tatsächlich auch also sowohl Geld als auch Zeit und Energie sozusagen zur Verfügung zu stellen, um dem Thema umfassend zu begegnen. Frankreich hat eine oder sagen wir so Macron hatte ich glaube 2021 war es oder 22 eine Nationale Endometriose Strategie ausgerufen. Seitdem hat sich aber meines Wissens wenig dazu getan. Das heißt von Frankreich können wir bisher wenig lernen, außer dass man sowas tun sollte. Wovon wir mehr lernen können, ist Australien tatsächlich die haben wir hatten einen nationalen Aktionsplan oder eine nationale Strategie laufen von 2018 bis letztes Jahr 2023, als waren fünf Jahres Plan und da können wir sehen, dass zum Beispiel gute Investition in Forschung was bringt und das ist aber halt Investition braucht und tatsächlich relativ viel Geld braucht, weil gute Forschung dauert. Ja, das sind keine kleinen Forschungsprojekte, sondern es muss halt es muss groß angelegt sein. Das heißt, von Ländern wie Australien können wir tatsächlich einiges lernen, wie man sowas gestalten kann. Und die sind jetzt auch gerade noch in der Evaluationsphase, das heißt, die werden auch aus was. Was bringt so ein Fünf Jahres Plan beispielsweise Und davon können wir in Deutschland auf jeden Fall was lernen. 

Bianca Dietz: Na ja, dann sind wir mal gespannt und hoffen, dass sich da tatsächlich was tut. Wir kommen schon zur letzten Frage, weil es ja auch ein bisschen darum gehen soll Wie bist du selbst aktiv geworden? Was würdest du anderen raten, die aktiv werden wollen? Es gibt ganz viele Leute, die wollen ehrenamtlich aktiv sein, aber wissen nicht wie, wissen nicht warum, zögern da einfach ein bisschen. Und deswegen würde ich dich gern nach einem Tipp fragen Was würdest du Leuten raten, die was machen wollen, was bewegen wollen? 

Verena Fisch: Also wenn sich jemand für das Thema Endometriose interessiert, ob das jetzt politisch ist oder ob das vielleicht auch im Rahmen von irgendwelchen Aufklärungsprojekten ist, ob das im Rahmen einer Selbsthilfegruppe ist. Also Leute können mich gerne anschreiben, können auch gerne die Endometriose Vereinigung kontaktieren. Ich selber habe das Projekt Endo.Politisch.Aktiv ja vor drei Jahren mitgegründet und es war für mich selber auch ein riesiger Schritt, als es nicht einfach bei mir war. Das so aus der Frustration heraus.  Ich habe selber Endometriose. Ich weiß, wie schwierig es ist, damit zu leben und wie schwierig es ist zu sehen, dass ich einfach sehr wenig tut auch. Das heißt, diese Frustration, die ich und diese, also ich glaube auch Ohnmachtsgefühl tatsächlich das ich da gespürt habe, habe ich ich habe es geschafft, das irgendwie in produktive Energie umzuwandeln durch ehrenamtliche Arbeit mit der Endometriose Vereinigung und wie gesagt, also wenn jemand zu dem Thema aktiv werden möchte, wir sind da sehr, sehr offen. Es kann natürlich immer sein, dass man aufgrund der eigenen Erkrankung nicht so viel kann, wie man möchte oder nicht immer kann. Und das wissen wir auch. Wir haben selber, die meisten von uns, haben selber Endometriose, das heißt bei dem Thema einfach gerne auf uns zukommen. Ansonsten generell ist glaube ich die Eingebung, die ich irgendwann hatte, so was, wenn wir selber als Patientinnen, als Betroffene uns nicht für solche Sachen einsetzen. Und es gilt für die Endometriose, das geht auch für andere Themen, glaube ich. Es wird niemand anders für uns tun. Also wir müssen das irgendwie selber in die Hand nehmen. Und ich glaube mit Endo.Politisch.Aktiv haben wir da jetzt einen ganz guten Grundstein gelegt. 

Bianca Dietz: Dann sage ich Vielen Dank, sehr schön, dass du da warst und danke für die spannenden Einblicke und gleich mal den Aufruf bei Dir sich zu melden. Das finde ich super und ich hoffe, dass es bald eine Strategie gibt, eine sinnvolle Strategie und viele Forschungsgelder. Ich wünsche euch alles Gute für eure Arbeit. Danke! 

Verena Fisch: Vielen Dank und vielen Dank für die Einladung. Habe mich sehr gefreut. 

Bianca Dietz: Das war ein Podcast der Petra Kelly Stiftung. Wir sind das Bayerische Bildungswerk für Demokratie und Ökologie in der Heinrich Böll Stiftung. Wenn ihr mehr über unsere Arbeit erfahren wollt, dann schaut auf unserer Website vorbei www.petrakellystiftung.de oder auf Social Media unter @Kelly_Stiftung. Das war's für heute. Schön, dass ihr wieder eingeschalten habt. Und bis zum nächsten Mal.