Man sagt, Zahlen lügen nicht. Aber manchmal sprechen sie in Rätseln – besonders, wenn sie aus dem Kontext gerissen werden oder kommentarlos und unerklärt auf einem Blatt Papier stehen. Deshalb möchten wir euch die Möglichkeit geben, unsere Zusammenarbeit mit der Stadt Kiel in unseren Projekten inhaltlich und fördertechnisch nachzuvollziehen.
Unsere Projekte: Gemeinsam für Kiel und Europa
Die Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein engagiert sich in Projekten, die regionale und internationale Kooperationen fördern. Diese zahlen oft auf inhaltliche Beschlüsse der Kieler Ratsversammlung zur Transformation unserer Gesellschaft ein. Hier haben wir unsere Projekttitel mit den politischen Beschlüssen der Ratsversammlung und mit der jeweiligen Partnerschaft innerhalb der Stadt Kiel für euch in einer einfachen Übersicht verknüpft:
Dabei bringen wir nicht nur Ideen, sondern auch internationale Netzwerke und Expertise nach Kiel. Wir arbeiten mit zahlreichen europäischen Städten, wie z.B. Tallinn, Pori, Aarhus, Riga, Gdynia, Turku, Kopenhagen, Kolding, Braga, Groningen, Košice und vielen mehr zusammen, die zum Teil auch Partnerstädte der Landeshauptstadt Kiel sind.
Was ist eigentlich Interreg?
Interreg, offiziell „Europäische territoriale Zusammenarbeit“, ist ein Programm der Europäischen Union, das seit über 30 Jahren grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördert. Ziel ist es, Herausforderungen zu lösen, die keine Grenzen kennen – etwa beim Klimawandel, Umweltschutz, dem Arbeitsmarkt oder der Verkehrsinfrastruktur. Interreg-Projekte stärken den Austausch zwischen Regionen und Städten, um konkrete Verbesserungen für das tägliche Leben der Menschen zu erreichen. In der Regel arbeiten 10 bis 15 Partner*innen in einem Interreg-Projekt zusammen. Oft arbeiten diese zusammen in einem regionalen Tandem bestehend aus Kommune und NGO – so zum Beispiel die Stadt Kiel mit der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein.
Wer trägt welche Kosten?
Dieser Part scheint kompliziert, bei genauerer Betrachtung, muss er es allerdings gar nicht sein. Wir wollen versuchen, die Finanzierung der Projektkosten so transparent und einfach wie möglich zu erklären.
Jedes Projekt kostet Geld. Der deutliche Großteil der jeweiligen Projektkosten wird von Interreg Europe gefördert. Das Programm Interreg Europe fördert allerdings nicht die Gesamtkosten der Projekte. Sprich es bleiben noch Kosten über, die anderweitig gezahlt werden müssen. Hier kommen Kofinanzierungen ins Spiel.
Insgesamt vier unserer fünf Interreg-Projekte werden von der Stadt Kiel kofinanziert. Das heißt, dass die Stadt Kiel einen Teil der Gesamtkosten zahlt. Folgende Projekte werden von der Stadt Kiel kofinanziert:
- Cultural Pearls (Förderanteil: 18 % Stadt Kiel, 80 % Interreg)
- Liveability (Förderanteil: 18 % Stadt Kiel, 80 % Interreg)
- Creative Circular Cities (Förderanteil: 18 % Stadt Kiel, 80 % Interreg)
- Data for All (Förderanteil: 36 % Stadt Kiel, 60 % Interreg)
Wie man erkennen kann, werden nicht alle vier Projekte gleichermaßen von der EU gefördert. In den Projekten Cultural Pearls, Liveability und Creative Circular Cities werden 80 % der gesamten Projektkosten von Interreg Europe getragen. Es bleiben 20 % der Gesamtkosten, die anderweitig gezahlt werden müssen.
Hier ist die Stadt Kiel mit einer Kofinanzierung von 18 % der Gesamtkosten beteiligt. Die übrigen 2 % zahlen wir.
Bei Data for All fördert Interreg Europe 60 % der Gesamtkosten. 36 % der Gesamtkosten fördert die Stadt Kiel, 4 % zahlen wir.
Die Fördergelder gehen aber nicht allein an uns. Sie werden innerhalb der jeweiligen Projektpartnerschaften aufgeteilt. Durch die Projekte werden also Fördergelder der EU in die Stadt Kiel geholt – und nicht ausschließlich in die Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein.
Zudem werden mit den Geldern Ratsbeschlüsse umgesetzt, die der Stadt Kiel und ihren Bürger*innen zugutekommen und so maßgeblich den Zielen der Stadt Kiel dienen (siehe oben stehende Tabelle). Tatsächlich entlasten diese Projekte also den städtischen Haushalt durch externe Fördermittel. Das heißt, die Stadt Kiel muss trotz Kofinanzierung nicht nur Geld geben. Sobald die Stadt Kiel auch als Partnerin in einem der Projekte beteiligt ist, erhält sie ebenfalls einen Anteil der Fördergelder von der EU.
Beispiel: Im Projekt Liveability zahlt die Stadt knapp 112.000 Euro im Rahmen einer Kofinanzierung. Gleichzeitig erhält sie als Projektpartnerin in Liveability und UrbCitizenPower knapp eine halbe Million Euro Fördergelder von der EU.
In den Projekten Liveability und UrbCitizenPower ist die Stadt als Partnerin direkt beteiligt. In Cultural Pearls und Data for All ist die Stadt durch das MLLEV und durch KielRegion vertreten.
In Zusammenarbeit mit unseren Partner*innen führen wir die Projekte durch. Wir haben keinen Einfluss darauf, wie die Stadt ihre eingeworbenen Fördergelder für die Umsetzung der inhaltlichen Beschlüsse nutzt. Gerne geben wir hier bei Fragen noch nähere Informationen oder konkrete Zahlen – wir haben nichts zu verbergen.
Finanzielle Unabhängigkeit: Mehr als eine lokale Kooperation
Mit einer Mehrheit hat die Kieler Ratsversammlung vor drei Jahren beschlossen, dass Interreg-Projekte für zivilgesellschaftliche Organisationen durch eine Kofinanzierung der Stadt Kiel unterstützt werden. Dafür muss ein Förderantrag eingereicht werden. Antragsberechtigt sind alle zivilgesellschaftlichen Organisationen. Das Programm steht somit allen Organisationen zu gleichen Bedingungen zur Verfügung. Jeder Kofinanzierungsantrag muss verschiedene Kriterien erfüllen. Sind diese gegeben, wird darüber entschieden, ob der Antrag bewilligt oder abgelehnt wird.
Für vier unserer fünf Interreg-Projektanträge wurde letztlich die Kofinanzierung beschlossen. Neben unseren Anträgen gibt es ein weiteres Interreg-Projekt, das ebenfalls eine Kofinanzierung der Stadt Kiel erhält. Dieses Projekt ist nicht von uns. Wir hatten keinen Einfluss auf die Entscheidung darüber, welche Projektanträge bewilligt oder abgelehnt wurden.
Wer sich um Fördermittel bei der Stadt Kiel bewirbt, wird zudem in der Stadtverwaltung jederzeit transparent dargelegt.
Die Gelder aus der Kofinanzierung der Stadt Kiel machen aktuell rund 10 % unseres diesjährigen Budgets aus (2024). Der Großteil unserer Finanzierung stammt von anderen Partner*innen und Fördertöpfen. Dennoch schätzen wir die Zusammenarbeit mit der Stadt Kiel sehr, da sie uns erlaubt, lokale Herausforderungen mit globalem Know-how zu verbinden. Wir schätzen zudem die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen der Stadt Kiel, die inhaltlich mit uns kooperieren.
Blick in die Zukunft
Der Ratsbeschluss, keine Kofinanzierungsmittel für das Projekt UrbCitizenPower bereitzustellen, stellt uns vor Herausforderungen. Natürlich – bei wem wäre das nicht so, wenn plötzlich Gelder wegfielen? Doch wie immer bleiben wir optimistisch und suchen mit unseren Partner*innen nach Lösungen.
Unser Ziel: Inhalte statt Selbsterhalt
Wir arbeiten transparent und mit einem klaren Fokus: gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen und Bürger*innen zu ermutigen, selbst wirksam und politisch aktiv zu werden – ganz gleich, ob sozial-, wirtschafts-, umwelt- oder bildungspolitisch. Wir wollen demokratische Prozesse beleben. Unsere Projekte sind kein Selbstzweck, sondern Ausdruck unseres Engagements für Bildung, Demokratie, Nachhaltigkeit und soziale Innovation. Wir führen diese Projekte nicht in der Rolle der parteinahen Stiftung der Grünen durch, sondern als parteiübergreifendes Bildungswerk.
Abschließend: Ein Dankeschön
Unser Dank gilt den vielen Partner*innen, Unterstützer*innen und den Menschen, die unsere Arbeit möglich machen. Ohne sie wäre es schlichtweg nicht möglich, so zu arbeiten und so vieles zu ermöglichen, wie wir es momentan tun. Gemeinsam gestalten wir durch politische Bildungsarbeit eine nachhaltige, faire, demokratische und innovative Zukunft – für Kiel und weit darüber hinaus.