Wie können wir eine höhere Vielfalt in der Arbeitswelt erreichen? In dieser Folge spricht Calvin Brinks von der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein mit Leila Hassan Sadeh von der Kieler Gruppe „Mehrere Kulturen – Ein Herz“.
Wie können wir eine höhere Vielfalt in der Arbeitswelt erreichen? Was sind die Hürden, die Migrant*innen im deutschen Arbeits- und Behördensystem begegnen? In dieser Folge spricht Calvin Brinks von der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein mit Leila Hassan Sadeh von der Gruppe „Mehrere Kulturen – Ein Herz“.
Die migrantische Gruppe „Mehrere Kulturen – Ein Herz“ ist aus dem Projekt WIR STIMMEN! entstanden und beschäftigt sich mit den Themen Teilhabe und migrantisches Empowerment. Ein Ziel der Gruppe ist es, ein sicheres Forum für gegenseitigen Austausch zu schaffen, um ihre Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt zu besprechen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Ein Podcast mit:
• Leila Hassan Sadeh, „Mehrere Kulturen – ein Herz“ in Kiel
• Calvin Brinks, Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein
Shownotes:
Mehrere Kulturen – Ein Herz: https://www.facebook.com/groups/963434651256102/
Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein: www.boell-sh.de
WIR STIMMEN!: https://www.boell-sh.de/de/wir-stimmen
Zur Folge:
Transkript
Intro: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Reihe „Böll Regional“, in der wir Euch Projekte aus verschiedenen Bundesländern vorstellen.
Die dritte Staffel steht unter dem Thema “Vielfalt” und wir schauen hier besonders auf bürgerschaftliches Engagement, auf Erfolge, Herausforderungen und Visionen, von denen verschiedene Initiativen berichten.
Die erste Folge führt uns nach Schleswig-Holstein, Calvin Brinks hat mit Leyla Hassan Sadeh von der Gruppe "Mehrere Kulturen ein Herz" gesprochen.
Viel Spaß beim Zuhören.
Calvin: Hallo. Mein Name ist Calvin Brinks. Und in dieser Folge wollen wir mit Leyla Hassan Sadeh von der Gruppe "Mehrere Kulturen ein Herz" über das Thema Vielfalt in der Arbeit sprechen. Ein Ziel von „Mehrere Kulturen ein Herz“ kurz MKeH. Ist es, ein sicheres Forum für den gegenseitigen Austausch zu schaffen, um ihre Erfahrungen auf den Arbeitsmarkt zu besprechen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Die migrantische Gruppe "Mehrere Kulturen ein Herz" hat sich im Rahmen des Projektes "Wir Stimmen" zusammengefunden, um gemeinsam und eigenständig ihre eigenen Anliegen und Themen in Politik und Gesellschaft einzubringen. Aktuell beschäftigt sie sich mit dem Thema Integration durch Arbeit.
Das Teilprojekt “Wir Stimmen” ist im Rahmen der AMIF Projekt Partnerschaft AMIF steht dabei für den Asyl, Migration und Integrationsfonds der EU. Gemeinsam mit unserer Stiftung und dem Flüchtlingsrat Schleswig Holstein entstanden. Hierbei geht es Ihnen um folgendes: Viele Migrantinnen haben in ihren Herkunftsländern einen Beruf erlernt oder ein Studium abgeschlossen. Die deutsche Bürokratie und veraltete Gesetze erschweren ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Um eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, müssen Zugewanderte viele Hürden überwinden, wie zum Beispiel erst lange Zeit Deutsch lernen, oder sich um die Anerkennung ihrer Abschlüsse bemühen. Dabei stellt die Arbeit selbst eine großartige Gelegenheit dar, die einheimische Sprache zu erlernen und in der Einwanderungsgesellschaft anzukommen. Ebenfalls ist die Gruppe offen gegenüber nicht migrantischen Teilnehmer:innen und sieht dieses als wichtiges Diversität Merkmal. Über ihr freiwilliges Engagement möchte die migrantisch selbstorganisierte Gruppe „Mehrere Kulturen ein Herz“ sprechen und wirbt um gleichgesinnte Unterstützer:innen.
Jetzt habe ich bereits einiges um „Mehrere Kulturen ein Herz“ gesagt. Und als nächstes darf ich Leyla begrüßen. Hallo, Leyla.
Leyla: Hallo Calvin
Calvin: Schön, dass du dir heute Zeit genommen hast. Mit uns über eure Gruppe „Mehrere Kulturen ein Herz“ und eure Themen zu sprechen. Über eure Entstehung haben wir bereits gesprochen, aber wir wissen noch nicht, wer du bist. Stell dich doch bitte einmal kurz vor.
Leyla: Ja, ich bin Leyla, ich komme aus dem Iran und bin 51 Jahre alt. Ich studierte im Iran Elektronik und Jura. Ich arbeitete 22 Jahre als Elektroingenieurin in Hochspannung Netz im Iran in einem Strom-Dispatching-Zentrum. Ich habe drei Kinder und lebe seit Ende September 2018 in Deutschland. In meiner Freizeit lese ich gerne Bücher und koche. Zusätzlich bin ich politisch engagiert im Frauentreff „e-punkt“, „Hand in Hand“ und „Mehrere Kulturen ein Herz“ .
Calvin: Vielen Dank für deine kurze Vorstellung. Als nächstes würde ich gerne über Chancen, die sich aus Gruppen wie eure ergeben können, reden. Und damit kommen wir auch zur ersten Frage. Welche Chancen bieten Gruppen wie „MKeH“ für neue Migrant:innen in Deutschland?
Leyla: Ich denke, solche Gruppen können dabei helfen, in der neuen Gesellschaft anzukommen, bei bürokratischen Hürden zu helfen, wie beispielsweise beim Ausfüllen von Formularen, die nur auf Deutsch sind, sie können auch bei der Kinderbetreuung helfen und vor allem mithilfe von Menschen mit ähnlichen Erfahrungen bei der Bewältigung von Zukunftsangst und Stress.
Calvin: Auf den Aspekt der Zukunftsangst würde ich gerne eingehen. Welche persönlichen Ängste hattest, oder hast du diesbezüglich?
Leyla: Ich hatte Angst vor Sprache, kein Geld zu haben und keine Arbeit zu finden.
Calvin: Das sind berechtigte Ängste. Das kann ich gut nachvollziehen. Du hattest bereits den Begriff der Arbeit genannt. Was bedeutet Arbeit für dich?
Leyla: Das ist eine sehr große Frage. Und natürlich braucht eine große Antwort. Arbeit kann von jeder Person etwas anderes bedeutet. Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Beruf und Job. Beruf ist meine Leidenschaft und einen Job mache ich nur, um Geld zu verdienen. Arbeit bedeutet für mich persönlich, Geld zu verdienen, Vorbild für meine Söhne zu sein, nützlich zu sein und etwas zurückzugeben. Zufriedenheit und Unabhängigkeit, Selbstvertrauen und Anerkennung.
Calvin: Ich finde die Unterscheidung zwischen Job und Beruf interessant. Übst du eine Berufung aus, oder machst du einen Job?
Leyla: Jetzt habe ich schon einen Job. Aber für die Zukunft wünsche ich mir eine Berufung.
Calvin: Der Titel des Podcasts ist „Vielfalt durch Arbeit“. Wie muss sich der Arbeitsmarkt verändern, damit er vielfältiger werden kann?
Leyla: Prozess wie Sprachkurse müssen Kurse sein und besser organisiert sein. Abschlüsse müssen häufiger anerkannt werden und es muss individuelle Maßnahmen und Lösungen geben, wie zum Beispiel Fortbildungen. Wenn das nicht passiert, dann gehen viele Fähigkeiten, Talente und Erfahrungen verloren und die geistige Gesundheit kann dadurch leiden.
Calvin: Gab es Probleme bei der Anerkennung deiner Abschlüsse?
Leyla: Mein Abschluss wurde anerkannt, aber alle bisherigen Firmen haben mir nicht vertraut, weil ich keine Fortbildung habe und wegen meiner Herkunft. In den letzten sechs Monaten habe ich viele Bewerbungen geschickt, aber leider, ich habe immer Absagen bekommen und auch wenn ich sogar nur ein Praktikum machen wollte.
Calvin: Das ist ziemlich krass und hebt noch einmal die Wichtigkeit eurer Gruppe hervor, die solche Probleme benennt und in die Politik und Gesellschaft trägt. Bevor wir zum Ende kommen, die letzte Frage Welche Tipps hast du für Menschen, die sich als Gruppe politisch engagieren wollen?
Leyla: Hm, erstmal. Ich glaube es ist gut die eigenen Interessen und Vorlieben zu kennen und dann kann man in seine Umgebung nach Gruppen suchen, die dazu passen.
Calvin: Was war eure Motivation, „Mehrere Kulturen ein Herz“ zu gründen.
Leyla: Sich gegenseitig zu helfen, gemeinsame Aktivitäten zu machen und mein Wissen und Erfahrungen weiterzugeben, Hilfe, die ich bekommen habe, auch wieder zurückzugeben. Ich sehe Hilfe wie eine Kette und jeder Mensch kann ein Teil dieser Kette werden, um diese Welt ein bisschen besser zu machen.
Calvin: Vielen Dank für das interessante Gespräch.
Leyla: Ich bin sehr dankbar für diese Chance, dass meine Stimme gehört werden kann und ich möchte mich bei allen Menschen, die mir bisher geholfen haben, bedanken.
Calvin: Man darf auf jeden Fall gespannt bleiben, wie es mit eurer Gruppe weitergeht und wie ihr noch weiter politische Aufmerksamkeit für Teilhabechancen und Integration durch Arbeit generieren könnt. Das war die Folge zum Thema „Vielfalt in der Arbeit“, produziert von der Heinrich Böll Stiftung Schleswig-Holstein. Wer gerne mehr erfahren möchte, findet weitere Links zu den Projekten in den Shownotes. Vielen Dank fürs Zuhören.
Outro: Das war ein Podcast in der Reihe Böll Regional.
Wenn ihr mehr hören wollt, könnt ihr Böll.Regional und alle weiteren Podcasts der Heinrich-Böll-Stiftung auf der Podcast-Plattform eurer Wahl abonnieren. Für Fragen oder Anregungen, schreibt uns einfach an podcast@boell.de
Für heute sage ich vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.