Ein Wochenmarkt am Freitag in Libyen – ein Bild, das in deutschen Medien wenig präsent ist. Diesen und weitere spannende Einblicke gab es am 14. Februar auf der Vernissage zu den Fotoausstellungen „Leben auf der Flucht“ von Mirco Keilberth und „Friday Market in Tripoli“ von Ahmed Barudi im Atelierhaus des Anscharparks.
„Menschen wollen bleiben, wo sie sind, wenn sie können“, verdeutlicht Mirco Keilberth bei der Eröffnung seiner Ausstellung. „Die Idee für die Fotoausstellung entstand 2015, als viele Geflüchtete schutzsuchend in Deutschland ankamen“, erzählt er weiter. Seit 2011 arbeitet er als Nordafrikakorrespondet. Für ihn und seine Kollegen*innen gilt es zu verstehen, welche Dynamiken sich entlang der Fluchtrouten bilden. „Es ist wichtig neben der alltäglichen Sensationsberichterstattung auch einen anderen Blick auf verschiedene gesellschaftliche Gruppen zu haben. Warum fühlen sich diese Menschen ausgeschlossen und welche Beweggründe haben Sie für Ihr Handeln?“. „Leben auf der Flucht“ zeigt nicht die übliche Berichterstattung aus den (deutschen) Medien, sondern eine andere Sicht auf die individuellen Geschichten und Situationen der Menschen in Libyen und entlang der Fluchtrouten.
Mirco Keilberth bringt zudem zum Ausdruck: „Durch unsere vernetzte und globalisierte Welt schauen Menschen im arabischen Teil immer mehr in den Norden nach Europa und sehen, dass es woanders Freiheit, geregelte Staatssysteme und mehr Rechte für jede*n Einzelne*n gibt.“ Dies treffe vor allem für junge Menschen zu.
Einen anderen Blickwinkel gibt die Ausstellung „Friday Market in Tripoli“ von Künstler Ahmed Barudi. Barudi ist in Libyen geboren und arbeitet und lebt mit seiner Familie in Tripolis. Seine Ausstellung zeigt Bilder, die die Betrachter*innen mit in den Alltag nehmen. „Ich wollte einen Teil des libyschen Lebens festhalten,“ erzählt Barudi. „Es gibt viel zu wenig Dokumente, Bücher oder Fotos, die die libysche Kultur zeigen.“ Alle Aufnahmen der Ausstellung wurden auf dem wöchentlichen Markt am Freitag „Souq Aljuma“ mit einer IPhone-Kamera aufgenommen. Am Anfang konnten Ahmed Barudi und seine Kollegen*innen noch mit großen Kameras fotografieren. Nach Bedrohung und Zerstörung der Kameras, teils durch die Bevölkerung, aber vor allem durch Konfliktparteien, entwickelte sich das unbemerkte Fotografieren mit dem Handy zur einzigen Möglichkeit.
Ahmed Barudi möchte andere Künstler*innen dazu ermutigen, die eigene Kultur und libysche Identität festzuhalten und zu definieren. Er erklärt: „Wenn man seine eigene Stimme das erste Mal aufgezeichnet hört, ist das oft sehr komisch und fühlt sich fremd an. So fühlt es sich auch für die Menschen in Libyen an, weil wir nur die Berichterstattung aus den Medien kennen, die aber nicht unsere Kultur bzw. Identität zeigt.“
Zu Gast bei der Vernissage waren auch Vizeministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, Monika Heinold, und Franziska Vilmar von Amnesty International Deutschland e.V. aus Berlin. Vilmar erklärte, dass es für Amnesty International immer noch problematisch sei, die Arbeit in Nordafrika auszubauen. Heinold bekräftigte im Rahmen der Vernissage wie wichtig es sei, die Angriffe durch Rechtspopulist*innen und Rechtsextremist*innen abzuwehren.