Wir, Ghader, Iván und Julia – das Team von Images of - Lateinamerika – haben uns Ende August auf eine ganz besondere Arbeitsreise begeben. Für drei Wochen ging es nach – ihr könnt es bestimmt erraten – Lateinamerika. Ziel war es, Ziel war es, neue Eindrücke von verschiedenen Regionen Lateinamerikas zu bekommen, einen persönlichen Austausch mit unseren Projektteilnehmenden zu ermöglichen, ihre Projekte und Netzwerke kennenzulernen und die Verbindung zu Schleswig-Holstein zu stärken. Mit diesem Bericht wollen wir euch ein wenig an unserer Reise teilhaben lassen und versuchen, Einblicke in drei äußerst verschiedene lateinamerikanische Regionen zu geben.
CHILE
Erster Stopp der Reise war Santiago de Chile. Nach einer doch recht langen Anreise aus Kiel kamen wir müde aber gesund in der chilenischen Hauptstadt an und mussten uns erstmal an die neue Sprache, Klima- und Zeitzone und Kultur gewöhnen. Schon während der Fahrt ins Hotel hat uns der Blick auf die schneebedeckten Anden beeindruckt. Santiago ist umgeben von Bergen und fast überall in der Stadt kann man einen Blick auf die Anden erhaschen. Für uns (Wahl-)Küstenkinder natürlich nichts Alltägliches. Doch nicht nur die Anden waren ein Blickfang. Auch das höchste Gebäude Südamerikas ist uns direkt ins Auge gesprungen, der Costanera Gran Torre, der mitten in der Stadt thront.
Besuch bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Chile
Die ersten Tage haben wir versucht, den Jetlag bestmöglich zu bekämpfen. Schließlich hatten wir einiges für unseren Aufenthalt geplant und wollten nebenbei natürlich noch die Stadt erkunden. Einen guten Einstieg in unseren Arbeitsalltag vor Ort hatten wir bei unseren Kolleg*innen der Heinrich-Böll-Stiftung in Chile. Dankbar haben wir die Einladung angenommen, das Auslandsbüro zu besuchen und uns gegenseitig über unsere Arbeit und Projekte auszutauschen. In Chile arbeitet die Heinrich-Böll-Stiftung mit ihren Partner*innen für eine sozial-ökologische Transformation und die Förderung von demokratischen Strukturen im andinen Raum. Schwerpunkte liegen dabei auf Energie- und Umweltpolitik, Bergbau und Ressourcenverteilung, Menschenrechte und Feminismus. Hier gibt es viele Überschneidungen zu Themen, die auch uns beschäftigen.
Endlich mal Präsenztreffen
Nicht nur die Mitarbeitenden der hbs Chile haben wir kennengelernt, auch unsere chilenischen Projektteilnehmenden konnten wir endlich persönlich treffen. Da wir diese bis zu unserer Reise nur über den Bildschirm gesehen haben, war das natürlich besonders aufregend. Mehrere Tage lang haben wir uns in einem Coworking-Space in Santiago zusammengesetzt, das erste halbe Jahr und das Projekt generell reflektiert, eine Vorstellung ihrer Arbeit erhalten, Bedarfe identifiziert, einen Input über internationale Zusammenarbeit und mediale Aufmerksamkeit gegeben und vor allem gemeinsam unsere Spring School erarbeitet, für die unsere Teilnehmenden 2024 in Schleswig-Holstein zusammenkommen werden. Besonders wertvoll waren auch die Einblicke und Erfahrungen der Teilnehmenden über das Leben in Chile und der Austausch über die Lage vor Ort.
Ausflug an den Pazifik
Gemeinsam mit zwei Teilnehmer*innen ging es Ende der Woche raus aus Santiago. Für ein Vernetzungstreffen mit lokalen weiblichen Unternehmerinnen sind wir nach Valparaiso gefahren, einer farbenfrohen Küstenstadt am Pazifik. Die Straßen sind von Graffiti und Street Art übersät, und die Stadt hat einen einzigartigen, lebendigen Charme. Auch ein kleiner Zwischenstopp am Stadtstrand durfte nicht fehlen, um die Füße kurz in den (sehr kalten!) Pazifik zu halten.
Auf Erkundungstour in Santiago
Neben all den Treffen haben wir natürlich versucht, so viel wie möglich von Santiago de Chile zusehen. Beeindruckend war zum Beispiel der Präsidentenpalast, La Mondea, der während des Pinochet-Putsches in den 70er Jahren weltweite Bekanntheit erlangte. Der Plaza de Armas ist der Hauptplatz von Santiago. Er ist von historischen Wahrzeichen umgeben und dient als Treffpunkt für Einheimische und Tourist*innen. Eines unserer Highlights war auf jeden Fall der Ausflug auf den Cerro San Cristobal. Mit der Seilbahn ging es hinauf auf den langgestreckten Hügel, von dessen Gipfel man eine atemberaubende Aussicht auf die Stadt hat. Doch nicht nur die Aussicht auf Santiago hat uns beeindruckt, wir wurden auch mit Mote con Huesillos bekannt gemacht. Das ist ein alkoholfreies Getränk aus Pfirsischsaft, Weizengraupen (mote) und getrockneten Pfirsichen (huesillos). Auch ein Ausflug auf den Mercado Central durfte nicht fehlen. Santiago hat eine lebhafte Markt-Kultur, auf den unterschiedlichen Märkten in der Stadt kann man fast alles kaufen, egal ob Kleidung, Technik oder regionales Essen. Apropos Essen: das war für Vegetarier*innen in Santiago nicht ganz so einfach. Verhungert sind wir aber nicht – und der chilenische Wein war umso besser.
BOLIVIEN
Nach einer Woche in Chile ging es für uns weiter zum nächsten Stopp unserer Reise: nach La Paz in Bolivien. La Paz ist die höchstgelegenste Verwaltungshauptstadt weltweit und befindet sich in der Altiplano-Hochebene der Anden auf mehr als 3.500 m über dem Meeresspiegel. Und das merkt man. Eine Landung auf dieser Höhe stellt den Körper vor besondere Herausforderungen und es besteht die Gefahr, höhenkrank zu werden.
Die Altstadt und Märkte in La Paz
Nachdem wir recht früh morgens in La Paz angekommen sind, haben wir also versucht, uns der neuen Stadt erst einmal ganz langsam anzunähern, uns an die Höhe zu gewöhnen. Und das hat am Tag unserer Ankunft erstaunlich gut funktioniert. Glücklicherweise sind wir pünktlich zum jährlich stattfindenden Tag der Fußgänger*innen in La Paz angekommen. Während die Straßen sonst von Autos überfüllt sind, konnten wir so ganz entspannt darauf schlendern und uns in Ruhe einen guten Einblick über die Stadt verschaffen.
Wir verbrachten den ersten Tag damit, die Altstadt zu erkunden. Der Hauptplatz, Plaza Murillo, ist ein lebhafter Ort mit dem Präsidentenpalast und der Kathedrale San Francisco. Die engen Gassen und die koloniale Architektur erinnern an die Vergangenheit Boliviens. Wie auch in Santiago sind in La Paz einige spannende Märkte in der Stadt zu finden, auf denen es Souvenirs, Schmuck und leckere Snacks zu kaufen gibt. Besonders hervorgehoben hat sich der Hexenmarkt, El Mercado de las Brujas, auf den es einige interessante Produkte zu finden gab, wie zum Beispiel Lamaföten, die traditionell als Opfergabe genutzt werden.
Mit der Seilbahn durch die Stadt
Als öffentliches Fortbewegungsmittel dient in La Paz übrigens die Seilbahn Teleférico, die 2014 zur Verbesserung der Infrastruktur in Bestand genommen wurde. Das Seilbahnnetzwerk erstreckt sich über eine Länge von etwa 30 km und besteht aus 10 Seilbahnlinien, damit ist es derzeit das weltweit größte städtische Seilbahnnetz. Die Teleférico bieten nicht nur einen effizienten Transport, sondern auch spektakuläre Aussichten auf die Stadt und die umliegenden Berge. Schwindelfrei sollte man allerdings sein.
Workshops mit unseren Teilnehmenden
Auch in La Paz haben wir wieder viele interessante Menschen getroffen und Workshops mit unseren Teilnehmenden abgehalten. Genau wie in Santiago haben wir uns sehr gefreut, die Menschen hinter den Zoom-Kacheln, die wir sonst gewohnt sind, persönlich zu treffen. Wieder haben wir viel Zeit eingeräumt, das Projekt Images of Lateinamerika auszuwerten und gemeinsam an der Spring School 2024 zu arbeiten. Unser monatliches Netzwerktreffen haben wir bei dieser Gelegenheit hybrid veranstaltet. Untergekommen sind wir während unserer Workshops dankenswerter Weise in den Räumlichkeiten von AOPEB (Verband ökologischer Erzeugerorganisationen Boliviens).
Tagesausflug zum Titicacasee
An unserem freien Tag wollten wir raus aus der Stadt und machten einen Ausflug zum Titicacasee. Mit einer Höhe von über 3.800 Metern über dem Meeresspiegel ist er der höchstgelegenste schiffbare See der Welt. Nach etwa drei Stunden Fahrt erreichten wir die kleine Stadt Copacabana am Ufer des Sees, die den perfekten Ausgangspunkt für eine Erkundungstour darstellt. Der See ist nicht nur wegen seiner außergewöhnlichen geografischen Lage, sondern auch aufgrund seiner einzigartigen Kultur und Geschichte von besonderem Interesse. Die Region ist von großer historischer und kultureller Bedeutung. Sie war einst das Zentrum des Inkareiches und die Legenden besagen, dass die ersten Inka-Herrscher auf der Isla del Sol im Titicacasee geboren wurden.
Zurück in La Paz war es dann auch schon fast wieder an der Zeit, weiterzuziehen. Die Stadt, die so voller Kontraste, indigenen Traditionen und von atemberaubender Landschaft umgeben ist, wird uns aber definitiv in Erinnerung bleiben.
KOLUMBIEN
Aller guten Dinge sind drei, dachten wir, und reisten in unserer dritten Woche weiter nach Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens. Zwar waren wir froh, nicht mehr der Höhenlage von La Paz ausgesetzt zu sein, dennoch ging es direkt wieder hoch hinaus. Einen Überblick über die Stadt verschafften wir uns zunächst vom Berg Guadalupe. Von dort aus konnte man erahnen, wie groß und weitläufig Bogotá ist.
Zu Besuch im Büro der HBS Kolumbien
Wie schon in Santiago sind wir auch in Bogotá der Einladung gefolgt, das Auslandsbüro der Heinrich-Böll-Stiftung in Kolumbien zu besuchen. Das Büro arbeitet schwerpunktmäßig mit Akteur*innen der kolumbianischen Zivilgesellschaft zu den Themen Umwelt- und Ressourcenschutz, Energie und Klima sowie zu Demokratieförderung, Menschenrechten, Gender und Frieden. Die Mitarbeitenden vor Ort haben uns gezeigt, wo sie überall Projekte unterstützen und mit welchen Organisationen sie zusammenarbeiten. Besonders beeindruckt waren wir von der Vielfalt und Anzahl der Publikationen, von denen wir dankenswerter Weise einige mitnehmen durften.
Treffen unserer kolumbianischen Teilnehmenden
Mit unseren kolumbianischen Teilnehmenden haben wir ein ähnliches Programm wie schon in den Städten zuvor absolviert und wieder dankbar festgestellt, dass wir auch hier in einer sehr herzlichen Atmosphäre zusammenarbeiten konnten. Alle unsere Teilnehmenden haben sich mehrere Tage Zeit genommen mit uns zu arbeiten, gemeinsam Images of Lateinamerika zu gestalten und uns wertvolle Einblicke in ihre Heimat gegeben. Wir konnten voneinander lernen und uns gegenseitig stärken.
Auf Tour durch Bogotá
An unseren Feierabenden erkundeten wir das historische Zentrum von Bogotá, La Candelaria, das mit seinen kolonialen Gebäuden, engen Gassen und lebhaften Straßenkünstler*innen ein charakteristisches Flair bietet. Hier findet man die meisten Sehenswürdigkeiten von Bogotá und Streetart über Streetart, die die vielfältige und turbulente Kultur widerspiegelt. An fast jeder Hauswand kann man Murals bewundern.
Natürlich testeten wir auch einige lokale Spezialitäten wie Tamales (Maismehlbrei im Pflanzenblatt), Arepas (flache Maisfladen) und Empanadas (gefüllte Teigtaschen). Auf den Märkten der Stadt hatten wir die Möglichkeit, regionales Obst zu probieren, dass wir aus Deutschland so gar nicht kannten.
Ausflug zur Cabildo Pijao
Ende der Woche ging es wieder raus aus der Stadt. Von der indigenen Pijao Gemeinde wurden wir eingeladen, Einblicke in ihren Alltag und ihre Traditionen zu bekommen. Nach einer Fahrt durch die malerische Landschaft Kolumbiens erreichten wir das Dorf Mesas de Inca. Vor Ort wurden wir von einigen Mitgliedern der Gemeinde herzlich in Empfang genommen, haben traditionelle Tänze und Lieder vorgeführt bekommen und Rituale erlebt, die in der Gemeinde tief verwurzelt sind. Außerdem konnten wir viel über die Kunst und Kultur der Pijao erfahren und typische Gerichte probieren. Gesehen und erfahren haben wir aber auch, welche Auswirkungen der Klimawandel schon jetzt auf die Gemeinde und ihren Lebensalltag hat.
Ende der Reise
Drei Länder in drei Wochen, das war wirklich eine ganze Menge und wir hätten noch so viel mehr sehen können und wollen. Lateinamerika hat so viel zu bieten. Von bewegender Geschichte bis hin zu atemberaubenden Landschaften. Und wir haben nur einen kleinen Bruchteil gesehen. Dennoch konnten wir unsere Images von Lateinamerika erweitern und durch unsere Einblicke und Erzählung vielleicht auch ein paar weitertragen.
Wir bedanken uns bei allen Menschen die wir vor Ort getroffen und kennengelernt haben, die uns so herzlich und gastfreundschaftlich begegnet sind und die unsere Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben. Diese Arbeitsreise wird uns definitiv noch lange in Erinnerung bleiben.
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