Aufbruch in eine kreative Verwaltungszukunft: Eindrücke vom Creative Bureaucracy Festival 2024

Bericht

Am 13. Juni war das Projekt Liveability zu Gast beim diesjährigen Creative Bureaucracy Festival in Berlin. Eine kleine Gruppe von Projektpartner*innen aus Gdańsk, Kiel, Kolding und Tallinn nutzte die Gelegenheit, sich in einer inspirierenden Atmosphäre wiederzusehen und gemeinsam neue Eindrücke und Ideen zu sammeln. Welche Erkenntnisse und innovative Ansätze lassen sich für das Ziel des Projekts, die Schaffung lebenswerter Nachbarschaften und Städte im Ostseeraum gewinnen? 

Eine Gruppe von Menschen sitzt zusammen auf Stühlen in einem Kreis. Sie hört einer Person zu, die frontal zu ihnen in ein Mikrofon spricht. Im Hintergrund befinden sich Poster- und Whiteboards sowie zahlreiche Pflanzen.

Bei strahlendem Sommerwetter zog es Liveability in die Hauptstadt, um beim größten Festival für Innovationen im Verwaltungssektor frische und kreative Ansätze zu erleben. Das Creative Bureaucracy Festival bot eine Plattform, um herausragende Lösungen für nahezu alle Fragen des Gemeinwesens vorzustellen und die Köpfe hinter diesen Ideen ins Gespräch zu bringen. „Von der kleinen Stellschraube zur großen Zukunftsvision!“ – so lautet die Absicht des Festivals, das den Wandel von einer „Nein, weil“-Kultur zu einer „Ja, wenn“-Kultur verkörpert.

Seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 2018 hat sich das Creative Bureaucracy Festival als bedeutende Plattform für Innovationen im Verwaltungssektor etabliert. Unter der Leitung von Festivaldirektorin Johanna Sieben verfolgt das Festival die Mission, mit unkonventionellen Formaten und originellen Elementen Räume zu schaffen, in denen Bürokrat*innen sich wertschätzen, vertrauensvoll vernetzen, relevante Themen diskutieren und voneinander lernen können. Besonders hervorzuheben ist, wie die wachsende Creative Bureaucracy Community den Festival-Spirit in die Verwaltungswelt trägt und langfristige Verbindlichkeit sowie nachhaltige Veränderungen fördert. Das Festival setzt sich für eine starke Verwaltung ein, die die Zukunft der Demokratie sichert und den öffentlichen Sektor neu belebt.

Über 200 Speaker*innen aus fast 40 Ländern und verzeichneter Besucherrekord

Über unglaubliche 1.850 Teilnehmende kamen vor Ort zusammen und über 2.500 Teilnehmende online. In seiner siebten Ausgabe versammelte das Festival internationale Creative Bureaucrats, kreative Innovator*innen und mutige Changemaker aus aller Welt, um gemeinsam Grundsätze, Prozesse und Praktiken öffentlicher Institutionen neu zu denken. Wuselig im positiven Sinne ging es zu: Die Teilnehmenden strömten von Session zu Session, engagierten sich bei lebhaftem Austausch und nahmen aktiv an den zahlreichen Workshops teil.

2024 zog das Festival in den Festsaal Kreuzberg, um dem Wachstum, dem Besucherandrang und dem erweiterten Programm gerecht zu werden. Das beeindruckende Line-Up umfasste über 200 Speaker*innen aus fast 40 Ländern und bot 83 Sessions auf Englisch und Deutsch, darunter Keynotes, Workshops und Round Tables. Auf vier imposanten Bühnen präsentierten die Redner*innen innovative Ansätze für die Verwaltung der Zukunft. Themen wie, „Creative Procurement“ (Kreative Beschaffung), „Digital Twin Cities“ (Digitale Partnerstädte) wurden ebenso behandelt wie „Public-Private Partnerships“ und „Ämter der Zukunft“. Diese breite Themenpalette bot den Teilnehmenden eine umfassende Sicht auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen und Chancen in der öffentlichen Verwaltung.

Persönliche Eindrücke: Stimmen unserer Partner*innen

Krystyna Wróblewska, The Baltic Sea Cultural Center, war hin und weg: „Das Creative Bureaucracy Festival 2024 hat mich wieder einmal fasziniert und beeindruckt!” Bereits zum dritten Mal war die Expertin für internationale Angelegenheiten aus Gdańsk  dabei. Sie resümiert: „Die Energie, der Enthusiasmus für innovative Lösungen, der Glaube an positive Veränderungen und die inspirierenden Vorträge waren einfach überwältigend. Es war ein Erlebnis inmitten von so vielen engagierten Menschen – sowohl jungen als auch älteren – zu sein, die fest daran glauben, dass die Rehumanisierung von Büros und eine zukunftsorientierte Verwaltung keine bloße Vision, sondern eine greifbare Realität ist.“

Wróblewska bringt es auf den Punkt, was den Reiz des Formats ausmacht: „Der Begriff ‚Creative Bureaucracy‘ mag zunächst widersprüchlich erscheinen, doch diese Veranstaltung beweist, dass durch die Offenheit für neue Formen der öffentlichen Verwaltung und die Bereitschaft, über den Tellerrand hinaus zu denken, das Bestreben hat, langfristig zu handeln, flexibel zu reagieren und die sich schnell verändernde Welt vorausschauend zu betrachten. Besonders beeindruckend fand ich, dass hier nicht nur theoretisch diskutiert, sondern konkret auf realisierte Beispiele aus aller Welt eingegangen wurde. Es war ein klarer Beweis dafür, dass Veränderung möglich ist und warum sie unbedingt notwendig ist, um Städte einwohner*innenfreundlicher, zukunftsfähiger und lebenswerter zu machen.“

Jörn Frentzel, Professor für Service Design an der Estonian Academy of Arts (EKA) in Tallinn, bei Liveability Experte für die Design-Fragen, berichtet von seinem Aha-Moment: „In der Session von ‚Politics for Tomorrow‘, moderiert von Indy Johar, haben wir eine wichtige Erkenntnis gewonnen. Die zentrale Frage lautete: ‚Wie können wir Allianzen bilden, um in Zeiten der Unsicherheit die Zukunft demokratisch zu gestalten?‘ Wir haben herausgestellt, dass es entscheidend ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden, der durch Co-Regulierung statt durch Top-down-Ansätze geprägt ist, um diese Unsicherheit zu bewältigen. Wir betrachten Bürokratie als einen dynamischen, co-kreativen und ko-regulativen Prozess, um komplexe und sich ständig verändernde Herausforderungen zu meistern.“


Internationale Gäste und Preisträger*innen zu Besuch beim Creative Bureaucracy Festival

Zu den internationalen Gästen zählten Namatai Kwekweza aus Simbabwe, Preisträgerin des Kofi Annan NextGen Democracy Prize und Demokratieaktivistin, sowie die diesjährige Preisträgerin des Creative Bureaucracy Festival Awards Sophie Howe (UK), die ehemalige Future Generations Commissioner for Wales. Für Wróblewska war Howe dieses Jahr ein besonderes Highlight des Festivals und „ihre Aussage über die Notwendigkeit für Verwaltung, den Status quo aufzubrechen, eine Vision zu haben, die über politische Amtszeiten hinausgeht, und Einwohner*innen als Mitgestalter*innen zu behandeln. Genau das hat die walisische Regierung getan, indem sie Vorschriften und Lösungen verabschiedet hat, die das Wohlergehen zukünftiger Generationen berücksichtigen.“

Um die Bürokratie innovativer und kreativer zu machen, braucht es - wie sie betont - „politische Vorreiter*innen, die Zivilgesellschaft und Mitarbeiter*innen in Verwaltungen, die in der Lage sind, neue Wege zu beschreiten, um Voraussicht und Zukunftsdenken in ihre Arbeitsweise einzubauen. Man kann immer damit beginnen, von einer „No-Culture“ zu einer „Yes-Culture“ zu wechseln, wie Charles Landry, Präsident vom CBF und internationale Autorität für den Einsatz von Vorstellungskraft und Kreativität im städtischen Wandel, hervorhebt.“ 

Nach dem Creative Bureaucracy Festival ist vor dem Creative Bureaucracy Festival

Die zahlreichen Impulse des Creative Bureaucracy Festivals waren für die künftige Projektarbeit von Liveability inspirierend. Besonders beeindruckend waren die vorgestellten Ideen, die auf innovative Ansätze für eine zukunftsfähige Verwaltung abzielen. Die Konzepte, die von der Rehumanisierung der Bürokratie bis zur Förderung einer „Yes-Culture“ reichten, sind relevant für die Schaffung lebenswerter Städte und Gemeinden. Krystyna Wróblewska und Jörn Frentzel sahen sich bestätigt, wie entscheidend es ist, dynamische und ko-kreative Prozesse zu fördern, um eine bürgernahe und zukunftsorientierte Verwaltung zu gestalten. Die Botschaften von Sophie Howe und Charles Landry – die Notwendigkeit einer „Yes-Culture“ und das Überdenken des Status quo – fand starken Widerhall. Das Festival zeigte eindrucksvoll, wie kreative und zukunftsgerichtete Ansätze Verwaltungen transformieren können. Die Macher*innen des Festivals bringen es selbst auf den Punkt: „Nachhaltige Verwaltungstransformationen brauchen Kooperationen, Kreativität und Empowerment.“

Das nächste Creative Bureaucracy Festival findet im nächsten Sommer, am 5. Juni 2025 statt. Liveability freut sich bereits jetzt auf die kommende Ausgabe, bei der erneut an der kleinen Stellschraube gedreht wird – hin zur großen Zukunftsvision! Interessierte sind eingeladen, sich zum CBF25 nach Berlin aufzumachen, um den einzigartigen Spirit des Festivals selbst zu erleben und einzufangen.

Liveability wird durch das Interreg-Programm für den Ostseeraum der EU finanziert. Das Projekt will Stadtverwaltungen schulen, das städtische Leben der Zukunft zu entwickeln, um Städte und Kommunen lebenswerter zu machen. Die Heinrich-Böll-Stiftung SH fungiert als Leadpartnerin des Projekts.

Mehr zum Projekt gibt es auf der Projekt-Webseite sowie der Interreg-Website.