Gestaltung lebenswerter Städte in der Ostseeregion: Launch des Liveable Cities Labels

Das jährliche Forum der Strategie der Europäischen Union für die Ostseeregion (EUSBSR), ausgerichtet von der schwedischen Regierung und dem Nordischen Ministerrat, versammelte rund 650 Teilnehmer*innen aus mehr als 20 Ländern in Visby auf Gotland. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Themen Nachhaltigkeit, Resilienz und Sicherheit. Die zentrale Fragestellung war, wie lebenswerte Städte in der Ostseeregion gestaltet werden können. In diesem Rahmen wurde das Liveability-Projekt vorgestellt und das Liveable Cities Label sowie das Netzwerk initiiert.

Veranstaltungsgebäude aus Glas mit der Aufschrift Visby Strand

Seminar zu urbaner Nachhaltigkeit und Resilienz

Wie können wir gemeinsam die Zukunft unserer Städte gestalten? Wie können Städte ihre Arbeitsweise, Zusammenarbeit und Kommunikation im Sinne der Lebensqualität umgestalten? Wie kann die Stadtverwaltung Mitarbeiter*innen, Einwohner*innen und andere Akteure dabei unterstützen, sich an diesem Transformationsprozess zu beteiligen? Welche Rolle kann Design spielen, um Städte rund um die Ostsee lebenswerter zu machen?

Diese zentralen Fragen wurden im Seminar „Designing Liveable Cities“  aufgeworfen, das als Teil der laufenden Bemühungen der Ostseeregion zur Förderung einer nachhaltigen und resilienten urbanen Umgebung auf dem EUSBSR-Forum in Visby stattfand. Die Veranstaltung wurde im Rahmen des Interreg-kofinanzierten Liveability-Projekts in Zusammenarbeit mit der Union der Ostseestädte (UBC) und VASAB organisiert und brachte Entscheidungsträger*innen, Städteexpert*innen und regionale Vertreter*innen zusammen, um die Lebensqualität in den Städten der Ostsee zu verbessern. 

Die interaktive Sitzung hob die Umsetzung der VASAB Vision 2040 hervor, die kleine und mittelgroße Städte in der Ostseeregion attraktiver und nachhaltiger machen soll. Der im Liveability-Projekt entwickelte Liveability Design Approach (LDA) wurde als Beispiel vorgestellt, wie eine solche Vision in kleinen und mittelgroßen Städten umgesetzt werden könnte. Ein Designansatz, der das Gemeinwohl in den Vordergrund stellt und durch Wohlbefinden, Inklusion und Anpassungsfähigkeit die Bewältigung gegenwärtiger und zukünftiger Herausforderungen stärkt. Dies kann die Inklusivität und Resilienz im urbanen Raum fördern. Verschiedene konkrete Ansätze zur Steigerung der Lebensqualität in verschiedenen Städten und Kontexten der Ostseeregion wurden vorgestellt, wobei die größte Herausforderung darin bestand, den Kontext der Umsetzbarkeit zu berücksichtigen.

Charles Landry, eine international anerkannte Pionier für die Anwendung von Kreativität und Vorstellungskraft im urbanen Wandel, hielt die Hauptrede des Seminars, in der er aufzeigte, wie Städte das Gemeinwohl als zentrales Designelement priorisieren können. Landrys Vortrag hob hervor, dass Public Interest Design entscheidend dafür ist, Städte an die Bedürfnisse der Bewohner*innen anzupassen, Räume für gemeinschaftliche Interaktion zu schaffen und die Lebensqualität im urbanen Raum zu verbessern. Seine Einblicke legten den Grundstein dafür, dass die Teilnehmenden die direkte Rolle des Designs bei der Förderung von Inklusivität und Resilienz im urbanen Raum reflektieren konnten.

Nach Charles Landrys Präsentation teilten Paulina Szewczyk, Vorsitzende der UBC Planning Cities Commission, und Egija Stapkēviča, stellvertretende Leiterin des VASAB-Sekretariats, persönliche Einblicke darüber, was für sie das Gestalten lebenswerter Städte bedeutet. Sie boten ihre Perspektiven als aktive Stadtplaner*innen und regionale Vertreter*innen und beschrieben, wie ihre Organisationen VASAB und UBC durch Initiativen zur Förderung lebenswerter Städte beitragen, die mit der Strategie der Europäischen Union für die Ostseeregion (EUSBSR) im Einklang stehen. Ihre Erfahrungen verdeutlichten, dass Zusammenarbeit und gemeinsame Ziele wesentliche Voraussetzungen für Städte sind, um anpassungsfähig, sozial kohärent und nachhaltig zu sein.

Im Seminar wurden auch die Teilnehmenden dazu eingeladen, darüber nachzudenken, was ihre eigenen Städte lebenswerter machen würde. Hauke Siemen von REM moderierte die Sitzung. Er bat die Teilnehmenden, sich konkrete Veränderungen in ihrem lokalen Umfeld vorzustellen. Nach einigen Minuten der Reflexion tauschten sie ihre Gedanken aus und hatten die Gelegenheit, unterschiedliche Perspektiven zu erkunden. Dieser Austausch entfachte eine lebhafte Diskussion darüber, welche Verbesserungen das Stadtleben bereichern könnten.


Präsentation des Liveability-Projekts und seines Design-Ansatzes LDA

Andrea Cederquist von der Heinrich-Böll-Stiftung und Lead Partner stellte schließlich das Projekt Liveability vor. Sie betonte, dass das Liveable Cities Network Städte fördert, die die Lebensqualität in den Mittelpunkt stellen. Durch die Priorisierung des Gemeinwohls und des kollektiven Wohlbefindens im urbanen Planungsprozess wird eine inklusive, nachhaltige Entwicklung öffentlicher Dienstleistungen und Räume unterstützt. Der Liveability Design Approach (LDA) wird durch das Bild einer Blume symbolisiert, die sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzt (siehe Abbildung). 

Andrea erläuterte die bisherigen Ergebnisse des Liveability-Projekts und die Charta, die Städten als Leitfaden für ihre Bemühungen dient. Der Liveability Design Approach beinhaltet Prinzipien wie Anpassungsfähigkeit, Inklusivität und Bürgerbeteiligung in der Stadtplanung und bietet Städten eine strukturierte Methode, um diese Werte in die lokale Politik und Entwicklung zu integrieren. Andrea betonte die Bedeutung eines proaktiven Ansatzes zur Bewältigung urbaner Herausforderungen, der nicht nur gegenwärtige Bedürfnisse berücksichtigt, sondern auch zukünftigen Anforderungen gerecht wird.

Fallstudien: Ansätze zur Lebensqualität und Resilienz in Riga und der Ukraine

Marta Kotello, Architektin der Nachbarschaftsvereinigung Grīziņkalns, eine Städtepartner*in in dem Liveability-Projekt  und Kateryna Baulina, stellvertretende Direktorin des NGO Analytical Center «Reformator» und UBC-Ratsmitglied, präsentierten Fallstudien zum Städtebau aus Riga und der Ukraine. Marta teilte Rigas Ansatz zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichem Sektor und Nachbarschaftsvereinigungen, um Resilienz und Anpassungsfähigkeit in der Stadtplanung zu fördern. Kateryna bot Einblicke in die Herausforderungen ukrainischer Städte, in denen die Notwendigkeit des Wiederaufbaus verdeutlicht, wie wichtig der Austausch mit anderen Städten und die Integration resilienter Gestaltungsprinzipien ist. Beide Fallstudien verdeutlichten den Wert des gemeinsamen Lernens und die Rolle lokaler Partnerschaften bei der Schaffung urbaner Umgebungen, die Krisen bewältigen und sich davon erholen können.

Einführung des Liveability Labels und des Netzwerks: Anerkennung des Engagements für städtische Lebensqualität

Andrea schloss das Seminar mit der Vorstellung des zukünftigen Liveability Labels ab, einer Anerkennung für Städte, die sich besonders für Lebensqualität einsetzen. Sie erklärte, wie das Label Städten eine Plattform bietet, um bewährte Praktiken zu teilen, mit gleichgesinnten Kommunen in Verbindung zu treten und Anerkennung für ihre Fortschritte zu erhalten. Statt Perfektion zu erwarten und auszuzeichnen, ermutigt das Label Städte, sich kontinuierlich auf den Weg zu mehr Lebensqualität zu begeben und gibt ihnen einen strukturierten Rahmen, um diese Ziele langfristig zu erreichen.

Zanete Eglite vom Dänischen Kulturinstitut (DKI) in Riga stellte die bevorstehenden Liveability Talks vor, eine monatliche Veranstaltungsreihe, die sich mit aktuellen Herausforderungen der Stadtplanung befasst. Hier werden Erfolgsstorys und Erkenntnisse aus Städten, die innovative Lösungen umgesetzt haben, vorgestellt. Die Veranstaltungen bieten Diskussionen darüber, was funktioniert, was nicht und wie sich Ideen auf lokale Kontexte übertragen lassen. Das erste Online-Gespräch fand am 7. November mit Charles Landry statt. Am 06. Dezember war Jakkoo Blomberg zu Gast zum Thema „Mut zum Experimentieren“.

Das Seminar bot einen umfassenden Überblick über die Elemente, die eine lebenswerte Stadt ausmachen, und legte dabei besonderen Wert auf Bürgerbeteiligung, Design im Gemeinwohlinteresse und Resilienz. Durch interaktive Sitzungen und Expertenvorträge erhielten die Teilnehmenden nicht nur Inspiration, sondern auch praktische Werkzeuge, um urbane Räume in der Ostseeregion in lebenswerte, nachhaltige und resiliente Städte zu verwandeln. Sie wurden eingeladen, Teil der „Journey Towards Liveability“ zu werden, ein gemeinsames Projekt für Gemeinden und Städte, die sich im Austausch weiterentwickeln möchten: Wie können Städte gemeinsam mit ihren Einwohner*innen transformiert werden? Wie kann die Stadtverwaltung ihre Kreativität, Flexibilität und Transparenz steigern, um die Städte lebenswerter zu gestalten? Wie können Städte Wissen austauschen und voneinander lernen?

Diese und weitere Fragen sind zentrale Anliegen des Netzwerks der Liveable Cities. 

Mehr Information zu dem Projekt:

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