Am 16. Oktober 2024 fand an der Fachhochschule Kiel die Tagung „KZ-Gedenkstätten und Erinnerungsorte im digitalen Raum – Perspektiven und Ansätze“ statt. Sie bot eine Plattform, um die Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation für Gedenkstätten und Erinnerungsorte zu diskutieren. Mit Vorträgen von Expert*innen, praxisnahen Best-Practice-Beispielen und intensiven Diskussionen wurde die Bedeutung der Digitalisierung für die Erinnerungsarbeit deutlich gemacht.
Digitalisierung als kultureller Wandel
Berit Johannsen, Leiterin des „Zentrums für Digitalisierung und Digitalen Knotenpunkt“ an der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, eröffnete die Tagung mit einem grundlegenden Vortrag. Sie machte deutlich, dass Digitalisierung mehr ist als der Einsatz technischer Hilfsmittel – sie verändert die Art und Weise, wie Wissen generiert, gesichert und vermittelt wird. Johannsen stellte Fragen in den Raum, die für Gedenkstätten von zentraler Bedeutung sind:
- Wie kann digitales Wissen nachhaltig und zugänglich gestaltet werden?
- Wie beeinflussen neue Technologien die Bildungsarbeit?
- Welche Rolle spielen soziale Medien bei der Öffentlichkeitsarbeit?
Die Antworten auf diese Fragen könnten, so Johannsen, entscheidend sein, um historische Inhalte an aktuelle und zukünftige Generationen zu vermitteln.
Analog-Digital-Strategien für Gedenkstätten
Marlies Fritzen, Vorsitzende der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten (BGSH), und Heino Schomaker, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein (LAGSH), präsentierten ihre Arbeit an einer Analog-Digital-Strategie. Ziel ist es, digitale Potenziale zu identifizieren und Gedenkstätten dabei zu unterstützen, diese sinnvoll zu nutzen. Gemeinsam mit dem IT-Dienstleister Dataport wurden innovative Werkzeuge wie Augmented und Virtual Reality vorgestellt, die neue Zugänge zur Vermittlungsarbeit schaffen können. Dabei wurde betont, dass digitale Technologien stets als Ergänzung und nicht als Ersatz für analoge Angebote gesehen werden sollten.
Spannende Praxisbeispiele und ethische Fragen
Im Rahmen eines World Cafés konnten die Teilnehmenden an drei Thementischen vertiefte Einblicke gewinnen.
1. Augmented Reality und Zeitzeugnisse
Am Beispiel des Interreg-Projekts „Living Images“ wurde gezeigt, wie historische Persönlichkeiten durch AR-Technologie für Besucher*innen erlebbar gemacht werden können. Gleichzeitig wurden ethische Fragen diskutiert, etwa wie Authentizität gewahrt und Fiktionalität vermieden werden kann.
2. Digitale Strategien in der Vermittlungsarbeit
Die Vertreter*innen von Dataport erörterten, wie digitale Infrastruktur, Arbeitskultur und Vermittlung zusammenwirken. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei der Frage, welche Inhalte sich für eine digitale Aufbereitung eignen – und welche Grenzen dabei einzuhalten sind.
3. Social Media in der Gedenkarbeit
Clara Mansfeld von der Stiftung Hamburger Gedenkstätten betonte die Bedeutung digitaler Öffentlichkeitsarbeit. Sie zeigte auf, wie Social-Media-Kanäle genutzt werden können, um neue Zielgruppen zu erreichen, Vernetzungen zu fördern und die Sichtbarkeit von Gedenkstätten zu erhöhen.
Die Tagung zeigte eindrucksvoll, wie Digitalisierung nicht nur technische, sondern auch pädagogische und ethische Dimensionen umfasst. Zudem gab sie inspirirende, praxisnahe Impulse und die Möglichkeit zur Vernetzung unter verschiedenen Akteur*innen. Mit der Erkenntnis, dass die digitale Transformation auch für Gedenkstätten eine Bereicherung darstellen kann, kann ein inspirierendes Signal gesetzt werden: Digitalisierung kann Erinnerungsarbeit stärken – wenn sie bewusst, verantwortungsvoll und mit Blick auf die Zielgruppen gestaltet wird.
Die Tagung wurde veranstaltet von:
Bürgerstiftung schleswig-holsteinische Gedenkstätten, Landesbeauftragte für politische Bildung Schleswig-Holstein, Evangelische Akademie der Nordkirche, Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein, Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein e.V., Landeskulturverband Schleswig-Holstein e.V., Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing