Der Aufstieg der rechtsextremen Bewegung und die Veränderungen in der Weltpolitik haben zu erheblichen Kürzungen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit geführt. Welche Auswirkungen hat das auf feministische und zivilgesellschaftliche Organisationen?

Der Aufstieg der rechtsextremen Bewegung und die jüngsten Veränderungen in der Weltpolitik haben zu einer erheblichen Kürzung der internationalen Mittel für zivilgesellschaftliche Organisationen geführt. Unter der Trump-Administration wurden wichtige Auslandshilfeprogramme der USA gestrichen, wovon Bereiche wie wirtschaftliche Entwicklung, humanitäre Hilfe, Frieden und Sicherheit, Gesundheitsdienste, Bildung, Umwelt und Demokratie betroffen sind. Auch andere Länder, wie die Niederlande, Frankreich und das Vereinigte Königreich, haben ihre Entwicklungshilfe gekürzt, um sich auf Projekte zu konzentrieren, die nationalen Sicherheitsinteressen dienen.
Im Januar 2025 unterzeichnete Präsident Trump eine Anordnung (executive order), mit der die US-Entwicklungshilfe im Ausland für 90 Tage eingefroren wurde. Diese Anordnung betraf unter anderem die Mitarbeiter*innen von USAID, von denen 4.200 in den USA in die Zwangsbeurlaubung geschickt und 1.600 entlassen wurden. Außerhalb der USA waren die Auswirkungen sogar noch deutlicher zu spüren: Rund 20.000 kommunale Gesundheitshelfer*innen, die in Mosambik HIV-Inifizierte versorgen, sowie weitere 15.000 in Südafrika haben Arbeitsverbote erhalten. Ähnliche Fälle sind weltweit zu beobachten, wo Tausende von Verträgen aufgrund von Kürzungen der Entwicklungshilfe gekündigt wurden.
Auch die niederländische Regierung kündigte erhebliche Kürzungen ihres Entwicklungshilfebudgets an, und zwar um eine Milliarde Euro für den Zeitraum von 2026 bis 2030. Das neue Budget wird zwischen 390 und 565 Millionen Euro liegen und sich auf Bereiche wie Gesundheit, Handel und Menschenrechte konzentrieren. Belgien kürzte die Entwicklungshilfe um 25 Prozent und Frankreich um 37 Prozent. Das Vereinigte Königreich hat die Entwicklungshilfe um 40 Prozent gekürzt und gleichzeitig den Verteidigungshaushalt aufgestockt, was Premierminister Keir Starmer als "äußerst schwierige und schmerzhafte" Entscheidung bezeichnete, die aber aufgrund des "schwankenden Engagements der USA für die europäische Sicherheit" notwendig sei.
Allgemeine Auswirkungen des Abbaus von Mitteln für zivilgesellschaftliche Organisationen
Diese Welle von Kürzungen der internationalen Entwicklungshilfe hat unmittelbare Auswirkungen auf zivilgesellschaftliche Organisationen und wird sich auch weiterhin auf die schwächsten Bevölkerungsgruppen weltweit, insbesondere im globalen Süden, auswirken. Nach Angaben des Center for Global Development "droht acht Ländern mit niedrigem Einkommen und acht Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen der Verlust von mehr als einem Fünftel der gesamten Entwicklungshilfe, die sie erhalten" - Südsudan, Somalia, Demokratische Republik Kongo, Liberia, Afghanistan, Sudan, Uganda und Äthiopien.
In Regionen mit fragilen Demokratien und schrumpfenden zivilgesellschaftlichen Räumen ist die Entwicklungshilfe oft die wichtigste Finanzierungsquelle für Programme, die sich mit wichtigen Themen befassen, die nicht auf der Agenda lokaler Regierungen stehen, wie z. B. dem Aufbau von Demokratie, menschliche Sicherheit, Gesundheitsfürsorge, Flüchtlingshilfe, Frauenrechte und -ermächtigung sowie Stärkung der Rechte von LGBTIQ+.
Im Jahr 2024 wurden in den USA 41 Milliarden US-Dollar für 206 Länder und 13.000 Aktivitäten ausgezahlt. Die USAID war dabei für 32,48 Milliarden US-Dollar an Auszahlungen verantwortlich. Durch das Einfrieren der Entwicklungshilfe wurden rund 1,5 Milliarden US-Dollar für Arbeiten, die im Auftrag von USAID im Jahr 2024 durchgeführt wurden, nicht freigegeben. Die Nothilfe in Kriegsfällen, die HIV/AIDS-Hilfe und die Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt werden hauptsächlich von USAID finanziert. Daher wird sich das Einfrieren der Entwicklungshilfe in erster Linie auf die Länder negativ auswirken, in denen Kriege, bewaffnete Konflikte und humanitäre Krisen herrschen, wie in der Ukraine, dem Sudan, dem Jemen, der Demokratischen Republik Kongo, Syrien und Palästina. Eine ähnliche Situation herrscht in afrikanischen Ländern, in denen unter anderem die HIV/AIDS-Prävention und -Behandlung von entscheidender Bedeutung ist.
Laut einer weltweiten Umfrage des International Council of Voluntary Agencies unter Nichtregierungsorganisationen (NRO) haben 67 Prozent der Befragten Arbeitsverbote erhalten. Infolgedessen "schuldet die US-Regierung den NRO Millionen an Erstattungen, so dass die NRO nur über begrenzte oder gar keine Liquidität verfügen." 80 Prozent der Befragten mit US-Finanzierung berichteten von unmittelbaren Auswirkungen auf ihre Partner, "einschließlich der sofortigen Beendigung von Partnerschaftsvereinbarungen". Nach Angaben von Global Aid Freeze haben nur 8,8 Prozent der 816 Umfrage-Teilnehmer*innen alternative Ressourcen gefunden.
Der Rückschlag für die Rechte von Frauen und LGBTIQ+
In den westlichen Balkanländern und der Türkei berichteten 73 Prozent der Organisationen, die sich mit LGBTIQ+-Rechten beschäftigen, von einer Reduzierung der Programmaktivitäten. Von diesen NRO erlebten 60 Prozent die Schließung bestimmter Projekte, wodurch “wichtige Arbeiten eingestellt werden” mussten. In 40 Prozent der Fälle wurden Mitarbeiter*innen entlassen oder Verträge gekündigt, während 40 Prozent von eine erhöhte Arbeitsbelastung der verbleibenden Mitarbeiter*innen berichteten. Darüber hinaus sind 33 Prozent der Organisationen nicht in der Lage, die Büromiete und die Nebenkosten zu bezahlen. Vor den Kürzungen erhielten 40 Prozent der Organisationen direkte Förderung von USAID, 27 Prozent von US-Stiftungen, dem US-amerikanischen Außenministerium und ähnlichen Gebern und 33 Prozent aus Europa, von wo aus ebenfalls weitere Kürzungen erwartet werden. Bei einigen Organisationen machten die Finanzmittel aus den USA allerdings 76-100 Prozent ihres Gesamtbudgets aus.
Nach Angaben des Dalan-Fonds berichteten Organisationen im Süd-Kaukasus und in Zentralasien von Haushaltskürzungen in Höhe von 30 bis 80 Prozent, so dass sie ihre Arbeit einstellen oder sich nach anderen Finanzierungsquellen umsehen mussten. Aufgrund der "neuen Welle der Anti-Gender- und menschenrechtsfeindlichen Narrative" sind neue Förderungen allerdings kaum erreichbar und oft ausgeschlossen.
Wenn das Einfrieren der Entwicklungsgelder über die erwarteten 90 Tage hinaus anhält, werden schätzungsweise 11,7 Millionen Frauen und Mädchen den Zugang zu wichtigen sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten verlieren, was zu 4,2 Millionen ungewollten Schwangerschaften und 8.340 Todesfällen bei Müttern führen kann. Darüber hinaus werden auch Programme zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt von Kürzungen betroffen sein. Diese Dienste sind für Länder wie Afghanistan, Bangladesch, Burkina Faso und Jemen von entscheidender Bedeutung. Im März kündigte der US-Außenminister Marco Rubio an, dass etwa 5.200 von 6.200 globalen Hilfsprogrammen von USAID eingestellt würden, während der Rest vom Außenministerium übernommen werden soll. Damit könnten die oben erwähnten Vorhersagen Wirklichkeit werden.
All diese Kürzungen könnten alle Bemühungen um Gesetzesänderungen, die Verteidigung der Menschenrechte und die Unterstützung der am meisten gefährdeten Personengruppen untergraben, was einen Rückschlag für den jahrzehntelangen Kampf für Gleichberechtigung bedeuten würde. Im Hinblick auf den Schutz von Frauenrechten und LGBTIQ+-Rechten werden die Kürzungen nicht nur entsprechende Unterstützungsprogramme, Kapazitätsaufbau und gesundheitliche Fürsorge betreffen, sondern auch Programme zur Stärkung des Unternehmertums, der Umwelt und der Ernährungssicherheit. Unter diesen Umständen werden Frauen und Mädchen die Leidtragenden aller Veränderungen sein, da sie voraussichtlich zusätzliche Sorgearbeit werden leisten müssen.
Navigieren durch die Herausforderungen des Defundings
Ein wichtiger Nebeneffekt der Mittelkürzungen ist, dass sie populistische und rechtsfeindliche Rhetorik befeuern und als Beweis dafür angesehen werden, dass die Arbeit der Zivilgesellschaft unnötig und illegitim wäre. Autoritäre Regierungen nutzen die Mittelkürzungen, um "ihre Macht zu festigen". Die Situation macht es populistischen Politikern leicht, zivilgesellschaftliche Organisationen ins Visier zu nehmen, die sich für die Rechte von Frauen und LGBTIQ+ sowie für die Demokratisierung einsetzen. Ohne substanzielle internationale finanzielle Unterstützung wird die Arbeit der unterfinanzierten zivilgesellschaftlichen Organisationen geschwächt und/oder eliminiert, was den Widerstand gegen die vorherrschende Anti-Rechts-Rhetorik behindert.
Die Streichung von Mitteln für feministische und zivilgesellschaftliche Organisationen stellt einen erheblichen Rückschlag für die weltweiten Bemühungen um die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte von Frauen und LGBTIQ+ dar. Diese Kürzungen sind nicht nur finanzieller Natur; sie haben tiefgreifende soziale, gesundheitliche und politische Folgen, insbesondere für gefährdete Gemeinschaften. Angesichts der Lücke, die durch das Einfrieren der US-Hilfe entstanden ist, und der mangelnden Bereitschaft anderer Länder des Globalen Nordens sich zu engagieren, wird die Situation zu einem fruchtbaren Boden für autoritäre Regime wie China und Russland, die ihren Einfluss ausweiten wollen. Die aktuelle Situation erfordert daher eine konsequente internationale Zusammenarbeit, um sicherzustellen, dass die in den letzten Jahrzehnten erzielten Fortschritte nicht verloren gehen. Zu den Strategien gehört, dass Philanthropen und Stiftungen die langfristige Finanzierung lokaler Organisationen und Bewegungen verstärken. Der Schwerpunkt müsste dabei auf dekolonialen Finanzierungsmechanismen liegen, bei denen die Bedürfnisse der betroffenen Gemeinschaften im Mittelpunkt stehen und nicht die außenpolitischen Prioritäten der sogenannten Geberländer.
Die Autor*innen des Artikels sind sich bewusst, dass es sich hierbei um eine laufende Diskussion handelt, und obwohl sie ihr Möglichstes getan haben, um genaue und aktuelle Informationen bereitzustellen, ändern sich die Statistiken und rechtlichen Rahmenbedingungen täglich und spiegeln sich möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr im Artikel wider.
Dieser Artikel erschien zuerst hier: www.boell.de